Chance verpasst
Dieser Tage gab es dann doch wieder einmal eine Erinnerung an verpasste Chancen. Davon gibt es in Aachen leider viele. Eine war der sträfliche Umgang mit der Bürger-Initiative, die 2017 mit großem Engagement, hoher Kompetenz, originellen Ideen, frischem Elan und einem beachtlichen Netzwerk Aachen zu Europas Kulturhauptstadt 2025 machen wollte. Die Unterstützung der Stadt war damals gleich null, der Umgang mit den Organisatoren kühl und abwehrend, manchmal geradezu unhöflich, die „Qualität“ der Kommunikation nicht mehr nachvollziehbar.
Chemnitz hat sich jetzt durchgesetzt und wird Europas Kulturhauptstadt 2025. Aachen hätte gewiss gute Chancen im Vergleich mit Chemnitz gehabt, den Versuch wäre es doch wert gewesen! Man könnte jetzt planen, Konzepte weiterentwickeln, den Bürger-Dialog auf elegante Weise in Gang bringen, etwas auf die kreative Schiene setzen, das weit über die dilettantische Teilsperrung der Theaterstraße oder die neu erfundene „Bordsteinkunst“ im Leerstandsbordell der Antoniusstraße hinausginge – über das Provisorium und das jederzeit Abrufbare als gefeierte Kreativität.
Man könnte träumen, spinnen, diskutieren, organisieren, Menschen zusammenbringen, junge und alte, städtische und ländliche, Männer und Frauen. Man könnte den Aufschwung, den Aachen so dringend nötig hat, mit der Vielfalt einer spannenden Kulturspur bereichern. Man könnte, kann es aber nicht. Und da sind wir wieder mittendrin im Aachener Dilemma.
Selbst wenn Aachen den Wettbewerb nicht gewonnen hätte, so hätte es den Weckruf, den Dialog, die Breite der Diskussion, den Spaß am Entwickeln gewonnen – und eine Alternative zur Tristesse leerstehender Ladenlokale und fehlender Perspektiven für einen wirklichen Kulturschub.
Kultur neu zu denken, überholte Grenzen zu überwinden und aus der stupiden Einfallslosigkeit des Üblichen herauszutreten, das waren gute Ziele der Initiative. Sie nicht aufgegriffen und gefördert zu haben, stellt in der Retrospektive eine sträfliche Vernachlässigung durch die damaligen politischen Mehrheiten dar. Kultur und Bildung, erfahrene und junge Leute in der spielerischen Art aktueller Kulturarbeit zu einem urbanen Projekt zu formen – das täte einer Stadt der Tradition, der Innovation und der jugendlichen Frische ihrer Hochschulen auch heute gut. Sie in eine Arena der Ideen zu verwandeln, das ist unverändert eine dringende Herausforderung. Aachen braucht diesen Ruck der Kreativen nach all den Jahren des Stillstands.
Aber was erleben wir in den wenigen Wochen nach der Kommunalwahl? Den alten rückständigen Polit-Kram! Der Stadtrat? Da ging es bislang vorrangig um Pöstchen in den Bezirken, Gerangel ums Karlspreisdirektorium, die Blockade der größten Fraktion durch die Wahlverlierer, die unverdrossen mit verblüffendem Selbstbewusstsein und fehlender Selbstreflexion auftreten. Was für eine seltsame Agenda des Verhinderns!
Aufarbeitung einer verheerenden Niederlage? Fehlanzeige. Leidenschaft für diese Stadt? Die sieht wohl anders aus: konstruktiver, kreativer, niveauvoller. Und die Wiederbelebung der eigenen Reihen kommt nur mit einer fein abgestimmten Synchronisierung des überparteilich Notwendigen für die Stadt und dem wirklich Erforderlichen für die Partei in die Gänge. Nur so gelingt die Wiederherstellung alter, aber längst verlorener Stärken. Wer das partout nicht versteht oder verstehen will, schadet der Stadt und seiner Partei gleichermaßen und verabschiedet sich aus dem ernstzunehmenden Diskurs über die Zukunft Aachens. Der setzt das Wahldesaster nachhaltig fort.
Es geht jetzt darum, den lebensgefährlichen Stillstand Aachens zu beenden. Für kleinkarierte Egospielchen ist da kein Platz. Verursacher des Schlamassels Öcher Art waren hauptsächlich doch die Wahlverlierer. Sie haben über Jahre eindrucksvoll gezeigt, was alles nicht ging: Bauhaus Europa, Konzerthalle, Büchel, Bushof, Campusbahn, Innenstadt-Mobilität, Tivoli-Nutzung usw. Weitere Chancen zu verpassen, kann sich Aachen nicht mehr leisten. Wer das zugunsten kleinkarierter Parteilichkeit nicht akzeptiert, steht kurz vor der Kapitulation und stürzt Gestaltbares mutwillig in die Kategorie des Nichtmachbaren. Und das gilt dann für alle Akteure mit und ohne Mehrheit: Wer sich dem Kompromiss, von dem Demokratie lebt, verweigert, spielt ein falsches Spiel.
Ein Gedanke zu „Chance verpasst“
Dieser Analyse kann man nichts mehr hinzufügen. Einfach genial. Aber wer nimmt sich das zu Herzen. Die Wahlverlierer sicherlich nicht. Beratungsresistent, arrogant,besserwisserich und nichts gelernt
Vielen Dank für die Analyse
Hans