Max Kerner. Der Historiker. Der Mensch. Der Europäer.
Er ist Historiker. Ein exzellenter. Ein vielseitiger. Ein fundierter. Ein populärer. Ein geradezu beliebter. Ein bekannter. Das alles passt zusammen wie in einem einzigartigen, unverwechselbaren Gesamtkunstwerk eines hochkarätigen Wissenschaftlers. Und vor allem ist er auch ein liebenswerter Mensch. Heute wird Max Kerner 80 Jahre alt und jung gleichermaßen.
Seine Vitalität, seine Kreativität, seine lebendige Art des Vortrags, seine Meinungsfreude und auch sein erfrischendes Staunen über Gott und die Welt haben ihn geprägt und gleichzeitig jung gehalten. Begegnungen mit ihm sind immer ein Gewinn und eine Freude. Das sei als Prolog hier vorangestellt.
Geboren ist er in Geilenkirchen, und damit hat er Wurzeln ländlicher, aber nicht provinzieller Art. Diese für ihn selbstverständliche Bodenständigkeit zeichnet ihn aus im Umgang mit Menschen in verschiedenen Lebenssituationen: als präzise forschender Historiker, als engagiert lehrender Hochschulprofessor, als rhetorisch brillant Vortragender, als pointensicherer Träger des renommierten Öcher Krüzzbrür-Ordens, als verlässlicher Freund.
Studiert hat er Geschichte und Latein an der Universität zu Köln, und seinen altsprachlichen Hintergrund rückt er manches Mal und gerne in den Vordergrund: nicht aufdringlich, sondern angebracht und durchaus unterhaltsam. 1980 erhielt an der RWTH Aachen die Professur für Mittlere und Neuere Geschichte und hatte von 2002 bis 2008 den Lehrstuhl inne. Seine Biografie weist uns weiterhin auf folgende Stationen hin: Dekan der Philosophischen Fakultät, Prorektor der RWTH, Vorsitzender des Senats der RWTH.
Beeindruckend gewiss, aber noch nachhaltiger sind seine exzellenten Eigen-Initiativen, in denen stets die Studierenden im Mittelpunkt standen und stehen. Greifen wir als Glanzlicht das von ihm 2008 gegründete Leonardo-Projekt heraus. Hier verbindet Kerner auf vorbildliche Weise Fragen von wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Relevanz. Die globalen Herausforderungen faszinieren und beunruhigen ihn in spannender Konstellation, und er holt relevante und bekannte Wissenschaftler und Autoren zu den „Leonardo Lectures“ nach Aachen. Energie, Klima, Weltgesundheit, Globalisierung, Kommunikation, Interkulturalität lauten einige Stichworte. Hier kommen Lehrende und Studierende ins Gespräch und gestalten daraus die bemerkenswerte Qualität eines mehr denn je nötigen Diskurses.
In Aachen wird Max Kerner zuweilen auf Karl den Großen begrenzt. Richtig ist, dass er auf diesem Gebiet ein ausgewiesener und extraordinärer Kenner ist, der tatsächlich Maßstäbe setzt, etwa mit seiner Biografie über Karl („Karl der Große – Leben und Mythos“ und „Karl der Große. Ein Mythos wird entschleiert“). Man hätte ihn sich über Jahre im Karlspreis-Direktorium als Ideengeber und ebenso streitbaren wie fairen Gesprächspartner gewünscht. Stattdessen setzte man hier lieber auf externe sogenannte „Weltbürger“ und übersah den eigenen Könner in kaiserstädtischer Arroganz.
Kerner ist ohnehin mehr als nur der Kaiser-Karl-Experte. Er kennt die mittelalterliche Gesellschaft en détail, schreibt und spricht darüber ebenso kompetent wie anregend. Kein Wunder, wenn zum Beispiel einer seiner jüngsten Vorträge den Titel trug: „Vom Wunsch der Menschen, betrogen zu werden. Zum Mittelalter als Welt der Fälschungen“. Seine Vielseitigkeit hat er nicht zuletzt in den von ihm mit herausgegebenen „Studien für Technik und Gesellschaft“ beeindruckend bewiesen, auch im interdisziplinären Forum „Technik und Gesellschaft“.
Ein Thema beschäftigt ihn ohne Unterbrechung: Europa und die kulturelle Identität. Hier setzte er Akzente bei zahlreichen öffentlichen Foren, besonders auch der Aachener Rotary-Clubs. „Welches Europa wollen wir?“, lautete seine Kernfrage, die am Ende in der zuversichtlichen Aufforderung mündete: „Mehr Europa wagen!“ Und: „Wir müssen eine gemeinsame Kultur schaffen.“
Max Kerners Diagnose ist unterdessen realistisch und ungeschminkt: Er sieht das Europa der vergangenen Jahre in keiner guten Verfassung und führt ihn bedrückende Erfahrungen von Rechtsextremismus und andere schlechte Entwicklungen als Beleg heran. Für ihn sind sie Zeichen eines schwächelnden Europas. Und doch hat er den Mut und die Hoffnung, dass eines Tages Europa wieder besser funktionieren würde, nie aufgegeben. Sein Kampf gegen jede Form von Europamüdigkeit ist unverdrossen vorhanden. Er setzt der Melancholie einer kulturellen Abendstimmung die noch immer vorhandene vitale Hochkultur Europas entgegen mit der Anerkennung individueller Menschenrechte, gegenseitiger Toleranz, dem Recht auf Anderssein und Andersdenken. „Ohne eine solche gemeinsame europäische Kultur wird die Gesellschaft Europas fragmentiert bleiben und am Ende in unversöhnlich sich gegenüberstehende Teile auseinanderbrechen.“
Wie gesagt, heute hat er Geburtstag, der Europäer in Aachen. Herzlichen Glückwunsch!
3 Gedanken zu „Max Kerner. Der Historiker. Der Mensch. Der Europäer.“
Die Übungen und Vorlesungen von Prof. Max Kerner waren immer lehrreich und angereichert mit Bezügen zur alten Kaiserstadt Aachen!
Eine hervorragende Veröffentlichung war dann auch die zum Standardwerk gewordene Untersuchung mit dem Thema: „Ideologie und Herrschaft im Mittelalter“ – auch nach fast 40 Jahren lesenswert und informativ! Sein Einsatz zur Rettung der Philosophischen Fakultät in Aachen unvergessen!
Ich bin noch heute dankbar fuer alles was ich von Ihnen gelhernt habe
Ich ware sehr gluecklich mit Ihnen wieder Konkacht aufnehmen su koennen. Ich lebe huete in Mailand.
Wir hatten heute mit Prof. Kerner eine Domführung In Aachen.
So informativ, so interessant, stundenlang hätte ich ihm zuhören können. Ein exzellenter Kenner und feinsinniger Rhetoriker. Danke für diese zwei Stunden! War schon so oft im Dom in Aachen! Aber jetzt mit ganz anderen Augen gesehen.