„Viele Lichter, nicht nur eins.“
Die Grünen haben ihren Parteitag über die Bühne gebracht. Interessant: Die gefährlichsten Sachpunkte, die ihre Chancen in den gutbürgerlichen und gut verdienenden Kreisen verhagelt hätten, wurden mehrheitlich abgelehnt, teilweise nur ganz knapp. Erstaunlich ist, wie ruhig die grüne Basis sich (noch) verhält. Kein Rumoren, nicht einmal ein Kopfschütteln. Die Grünen wollen eben mit aller Macht an die Macht.
Sie gehen – jedenfalls zurzeit und schon länger – das Thema Wahlkampf sachlich an. Annalena Baerbock wird ihre Kanzlerkandidatin bleiben. 98 Prozent sind eine deutliche Sprache, trotz mancher neu entstandener Bedenken wegen neu entstandener Korrekturen an Lebenslauf-Spiegelstrichen der am hohen Amt interessierten Dame.
Armin Laschet hat zwischenzeitlich aufgeholt – an Sympathie, an Zustimmung, gewiss an Relevanz. Er managt das Unionslager unaufgeregt, sachlich, und er hat sich mit Tanit Koch eine hoch kompetente, erfahrene und zielgenau agierende Journalistin ins Team geholt. Glückwunsch!
Aktuelle Umfragen sind immer nur für kurze Zeit aktuell. Bis September wird viel passieren. Zurzeit hätte Schwarz-Grün eine knappe Mehrheit. Die müsste sich zusammenraufen, wenn man den Erkenntnisstand dieses Wochenendes zugrunde legte. Laschet lehnt wesentliche Teile des grünen Programms ab. Aufs CDU-Programm warten wir unterdessen noch ein weiteres Weilchen…
Wahlkampf ist die hohe Zeit der Auseinandersetzung, der Präsentation verschiedener Perspektiven, Punkte, Positionen. Das kann durchaus engagiert, widersprüchlich und streitbar zugehen – mit Köpfchen, Herz und Verstand, weniger mit Fußtritten gegen gegnerische Schienbeine.
„Viele Lichter, nicht nur eins. Viele Meinungen, nicht nur eine.“
Amos Oz, der großartige israelische Schriftsteller, Journalist und Intellektuelle, hat diese beiden Sätze in einem seiner Plädoyers für Meinungsfreiheit und gegen Rechthaberei geschrieben. Sie sollten als Überbau aller Wahlkampf-Kämpfe und –krämpfe nun wie in Stein gemeißelt sein.