Bleiben Sie stark!
Krise, Krise, Krise.
Schlechte Zeiten. Corona-Zeiten. Noch immer. Und noch bleibend. So viele kriegen und haben die Krise.
Sich am Ende eines Jahres nur an glanzvoller Retrospektive zu berauschen: Das wäre schön! Aber die Ohnmacht der schon viel zu lange herrschenden Corona oder die Brutalität der furchtbaren Flut prägen auf eine ganz rücksichtslose Art die Relativitätspraxis des menschlichen Alltags, dass eben doch nicht immer alles gut geht. Das mussten wir gerade in diesem Jahr erfahren. Die verwundete lokale wie globale Welt setzt beim Rückblick unverdrossen die nachhaltigsten Ausrufezeichen dieses Jahres.
Niemand kann heute sagen, ob wir mit einem blauen Auge davonkommen. Wir hoffen es! Jetzt könnten die Politiker, Wissenschaftler, Virologen, Psychologen, Talkmaster und Experten aller Art ihre Gehirnzellenkompetenz gekonnt ausspielen: weniger mit immer neuen, zuweilen kurzatmigen Vorschlägen und alarmierenden Szenarien, sondern gezielt auf der Linie der Sachlichkeit und der Vernunft. Was im Übrigen auch für jede Bürgerin und jeden Bürger gilt.
So bleibt am Ende die wesentliche Frage: Wie wollen wir in diesem Staat und in dieser Gesellschaft zusammen leben? Dieses Jahr hat die Spannungen zwischen gegensätzlichen Gruppen dramatisch erhöht, überwunden geglaubte Gräben befestigt und zu Erschütterungen nicht gekannter Dimension geführt. Mitten in der Krise brauchen wir Neubesinnung und Neubestimmung. Wir benötigen einen Kompass. Eine Richtung. Anhaltspunkte. Wer noch differenzieren kann, nicht alles schönredet, kritisch und dabei konstruktiv argumentiert und nicht in beleidigender Angriffswelle andere kleinmacht, ist nun mehr denn je gefragt. Die Demokraten müssen Farbe bekennen! Nicht nur die in den Ampelfarben. Und nicht nur die in den Parlamenten.
Letztlich geht es bei diesen und anderen Fragen nach wie vor und nun erst recht darum, Lobbyist unserer Kinder zu sein, denen wir Schulden in mehrfacher Hinsicht hinterlassen: mal zu berechnen in monetären Zahlen, mal zu spüren in unserem bescheuerten Umgang mit dem Lebensraum Erde, mal in unserer völlig mangelhaften Vorbereitung auf heute bereits absehbare Folgen der Demografie, aktuell in dem häufig dilettantischen Umgang mit der Pandemie besonders in der Schulpolitik, in diesem Hin und Her in der Aula der Ratlosigkeit und des Zauderns.
Im günstigsten Falle sind wir am Ende dieses Jahres verhalten optimistisch und hoffen zwar nicht das Beste, jedoch Besseres. Wir schauen auf ein neues Jahr, das tatsächlich wie jedes vor ihm Neues bringen wird, vielleicht bei den Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, wohl kaum bei der Wahl des Bundespräsidenten, möglicherweise aber in Frankreich bei der Präsidentschaftswahl. Am 2. März ist der 50. Jahrestag der Veröffentlichung des legendären Berichts „Grenzen des Wachstums“ vom Club of Rome. Das sollte gleichermaßen ein Tag des Innehaltens und des Aufbruchs werden.
Risiken, Chancen, Abwägungen: Man wünscht sich gerade in nicht so guten Zeiten eine stabile Qualität der Debatte und seltener nichts sagende Beliebigkeiten. Unser Land hat den rhetorischen und den programmatischen, den konzeptionellen und den konstruktiven Aufschwung verdient, und das betrifft vor allem die Laufzeiten unserer sichersten und bewährten Kraftwerke – der Gehirne. Bleiben Sie stark und gelassen. Ein gutes neues Jahr!